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Frauen am Berg - Gipfeltreffen am Hochfelln

Elisabeth Busko und die Bergführerin Nina Schlesener stehen für zwei Generationen von Frauen am Berg. Während die 1958 in München geborene ‚Lissi‘ als eigenständige Alpinistin, die auch vorausstieg, noch eine Ausnahme war, stand für Nina, Jahrgang 1984, das Berufsziel ‚Bergführerin‘ schon früh fest: auch weil sie von anderen Frauen wusste, dass das möglich war.

 

Lissi, wie bist du damals zum Klettern gekommen?

LISSI: In die Berge bin ich immer schon mit meinen Eltern. Und eines Tages im Kaiser sehe ich Kletterer in diesen Wänden und denke: „DAS will ich auch machen.“ Hab sofort einen Kletterkurs gebucht und seitdem bin ich dabei.

NINA: Ich bin auf dem Schneibsteinhaus aufgewachsen, das ist eine Berghütte in den Berchtesgadenern. Meine Eltern sind da Pächter. Meine erste richtige Bergtour war mit fünfzehn die Watzmann-Überschreitung, die hat mir wirklich alles abverlangt, aber ich hatte Feuer gefangen. Und dann war es genau wie bei dir, ich habe am Untersberg Kletterer in der Wand hängen sehen und zu Weihnachten stand auf meinem Wunschzettel: Kletterschuhe, Gurt, Seil, Steigeisen...

LISSI: Und dann gleich Vollgas weiter?

NINA: Wirklich Vollgas bin ich dann erst nach der Schule eingestiegen. Durch die Hütte meiner Eltern hab ich viele Bergführeraspiranten gekannt, die haben alle trainieren müssen für ihre Prüfungen und Seilpartner gesucht. Und ich hatte Zeit. Aber eins haben die immer gleich klargestellt: ‚Du trägst das und das, weil ich schlepp dir nix!‘

LISSI: Da hab ich es besser gehabt! Wenn ich damals gefragt hab, was soll ich tragen, hieß es von den Burschen immer: Nichts! Und dann hab ich die natürlich schleppen lassen (lacht).

Gipfeltreffen-am-Hochfelln-1

NINA: Aber du wurdest anders behandelt und dieser Automatismus, dass du anders behandelt wirst, der ist ja oft auch ärgerlich. Mein erster Freund wollte mit seinen Freunden die Watzmann-Ostwand im Winter machen. Ich wollte mit, aber er hat gesagt: Nur weil du jetzt das Schneibsteinhaus-Dirndl bist, brauchst dir noch lange nicht einbilden, dass du die Ostwand im Winter gehen kannst. Später dann, mit meinem jetzigen Mann -

LISSI: Mit dem anderen, der nicht mitnehmen wollte, hat das nicht mehr lang gehalten?

NINA: Nein, das ging natürlich überhaupt nicht. Und die erste Tour dann mit dem Christian, meinem Mann, war die Ostwand im Winter. Mit dem war das was ganz anderes.

LISSI: Für mich war absolut selbstverständlich, dass ich nicht nur meinen Anteil vorgestiegen bin, sondern auch die Routen mit ausgesucht hab. Ich wollte frei sein und selbst bestimmen, ich konnte mir mein Leben einfach nicht anders vorstellen. Dafür brauchst du natürlich auch den richtigen Mann, wenn du den Kampf noch jeden Tag zuhause hast, dann Gute Nacht! In den letzten Jahrzehnten hat sich im Umgang zwischen den Geschlechtern ganz allgemein viel geändert, das hat sich ja eher von der Mitte der Gesellschaft auf den Randsport des Bergsteigens durchgedrückt. Aber welche, sagen wir mal, Wendepunkte des Frauenbergsteigens sind euch persönlich besonders aufgefallen?

LISSI: Eine ganz große Rolle haben die Kletterhallen gespielt. Das war eine der entscheidenden Entwicklungen in den letzten fünfzehn Jahren, dass du einfach in einer sicheren Umgebung klettern konntest. Sobald etwas passieren kann, sind wir Frauen einfach vorsichtiger oder - ganz wie man es nennen will - ängstlicher. Und in diesem quasi geschützten Raum haben viele Frauen erstmal ihr Selbstbewusstsein entwickelt und sind dann ganz anders losgezogen.

Bergfuhrerin-Nina-Schlesener 

Welche Rolle spielt ein möglicherweise anderes Verhalten der Männer? Können die besser damit umgehen, dass die Frauen jetzt stärker sind?

LISSI: Aber längst nicht alle! Ein langjähriger Freund von mir war mit einer zusammen, die am Anfang besser kletterte als er. Der hat seinen achten Grad schon sehr solide beherrscht - aber sie eben auch. Dann hat er so wild trainiert, dass es bis zum Zehner ging: „Dass die genauso schwer klettert wie ich, das geht überhaupt nicht.“

NINA: Übrigens ein Standardspruch von meinem Mann: „So lange ich besser klettere als du, ist mir eh alles wurscht.“

- Beide lachen -

NINA: Aber manchmal kommen immer noch Sprüche, dass du glaubst, du bist im neunzehnten Jahrhundert...

LISSI: Genau! Fachübungsleiterkurs Alpinklettern, erster Abend auf der Hütte, sechs männliche Teilnehmer und zwei Frauen, eine andere und ich halt. Der Bergführer kommt rein und haut mal gleich folgenden Spruch raus: ‚Warum werden Frauen seit Tausenden von Jahren unterdrückt? Weil es sich bewährt hat.‘ Toll, oder?

NINA: Ich merke es beim Führen vor allem auf Skitour: wenn eine andere Gruppe kommt, die nur aus Männern besteht, dann wird meine Gruppe auf Biegen und Brechen überholt - weil ja eine Frau vorausgeht. Eine halbe Stunde später sind wir dann meistens wieder vorne, nicht weil ich es drauf anlege, sondern weil du im Endeffekt immer am schnellsten bist, wenn du ein gleichmäßiges Tempo gehst. Oder letzten Winter, da haben ein paar Jungs aus meiner Gruppe eine Hofbräuhausfahne am Gipfel geschwenkt, woraufhin irgendein Typ auf mich zeigt: Und die Bedienung habt ihr gleich mitgebracht - das nervt schon gewaltig!

LISSI: Ich hatte das auch viel in der Arbeit, ich war in einer hohen Position in der Bank, ich hatte die Prokura für die gesamte Auslandsabteilung und auf der Vorstandssitzung will mich irgendso ein Hansel zum Kaffee holen schicken. Ich musste auch immer darum kämpfen, genauso gut bezahlt zu werden wie die Männer. Hab meistens auch mehr verdient als mein Mann. War für ihn auch nicht so angenehm, aber er hat mir ‚verziehen‘ (lacht). Vor allem sind wir immer gern zusammen in die Berge, das hat immer gepasst.

 Elisabeth-Busko

Aber im Großen und Ganzen könnt ihr beide schon sagen: als Frau am Berg ist heute schöner als früher und auch a bissi leichter?

NINA: Absolut!

LISSI: Auf jeden Fall. Und ganz hervorragend finde ich den DAV-Frauenkader, diesen Expeditionskader. Also dass der DAV seine Nachwuchsförderung für die besten jungen Bergsteiger ganz normal in zwei Mannschaften geteilt hat, männlich und weiblich. Das hat den Jungen ganz viel Auftrieb gegeben.

NINA: Ich war ja noch bei einer Sichtung dabei, also dem Auswahlcamp, als es noch gemischt war. Und ich wurde nicht genommen, weil genug Männer am Start waren, die halt auch stärker waren. Die Idee, dass in jedem Sport getrennt gewertet wird für Männer und Frauen - und am besten also auch beim Bergsteigen -, war einfach noch nicht angekommen. Aber ich hatte da trotzdem ein sehr schönes Erlebnis: einer unserer Ausbilder auf diesem Camp hat mich zur Seite genommen und gesagt: Nina, lass dich nicht unterkriegen, mach die Bergführerausbildung, du schaffst das sicher!

 

Gudrun Weikert, die 1988 erste Bergführerin in Deutschland wurde, erzählt, dass sie damals extrem willkommen war und die Ausbilder sich gefreut hätten, dass endlich eine Frau kommt. Wie war was bei dir?

NINA: Bei uns war - vor allem zum Start - das Besondere überhaupt nicht, dass mit mir eine Frau dabei war, das hatte es ja schon oft genug gegeben. Sondern dass es von achtzehn Aspiranten auf der Aufnahmeprüfung nur drei geschafft haben.

LISSI: Von achtzehn sind nur drei durchgekommen?!

NINA: Und wenn du zu den drei von achtzehn gehörst, machst dir über dieses ewige Genderthema in dem Moment keinerlei Gedanken mehr, da bist du einfach heilfroh. Fertig war ich dann 2012.

LISSI: Und seitdem führst du?

NINA: Zusätzlich arbeite ich noch beim Industriebergsteigen, mit meinem Mann zusammen. Jetzt im Sommer waren wir bei der größten Hitze in München auf den Dächern, da zählst du die Tage, bis es endlich wieder schneit und die Skitourensaison losgeht.

LISSI: Ich gehe nicht mehr so oft, dafür bin ich einfach zu gerne beim Klettern, ich geh auch gern Eisklettern, aber wenn die Bedingungen gut sind, frischer Pulver, alles glitzert - dann her mit den Tourenski!

 

Hast du zum Thema Frauenbergsteigen vielleicht noch ein Schlusswort im Ärmel?

LISSI: Mein persönlicher Eindruck ist, dass die jungen Frauen jetzt, wo die Tür sperrangelweit für alles offen steht, leider eher wieder spießiger werden. Neulich hat mir eine Zwanzigjährige von ihrer neuen Einbauküche vorgeschwärmt. Was willst du in dem Alter mit einer Einbauküche?! Da brauchst du ein Auto, in dem du übernachten kannst!

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